olga neuwirth
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„Hinter den Spiegeln“
Für das Eröffnungs-Symposium 2006 der Salzburger Festspiele:
„Die Festspiele- Visionen, Wünsche, Wirklichkeit“
„Festspiele im Spiegel des Künstlers“

 

Die Mutlosigkeit oder vielleicht sogar der Zynismus der Veranstalter, mich persönlich nach meiner Sicht des Falles "Elfriede Jelinek, Olga Neuwirth und die Salzburger Festspiele sowie andere Festspiele" zu befragen, wird wohl der Grund sein, warum man gerade mich eingeladen hat, über Visionen zu sprechen - was in diesem Kontext völlig absurd ist. Erinnerungen kann man nicht so einfach auslöschen, sie bleiben immer präsent – wie in Freuds Wunderblock-Metapher.

Gerade ich, die mit Ideen zu einem neuen Musiktheater für das Jahr 2006 mit einem neuen Libretto der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zunächst eingeladen wurde und nach mehr als einem Jahr wieder entsorgt wurde  – aus Geldmangel wie es hieß, was angesichts des Mozart-Marathons in diesem Jahr recht abstrus klingt - werde mich nicht weiter zu diesem Thema äußern, denn ich scheine hier als Alibi für eine Schein-Wiedergutmachung eingeladen worden zu sein: ich soll über Visionen sprechen, die letzten Endes ohnehin nicht realisiert werden dürfen, da die künstlerische Freiheit einfach von vornherein beschnitten wird. Mir verbietet es aber die Menschenwürde mehr dazu zu sagen und eine Diskussion ist angesichts der Faktenlage nicht notwendig und hier auch nicht sinnvoll.

Ich werde keine Impulse von mir geben, wie von mir gewünscht, sondern nur Gedankengänge anreissen.
Wie gesagt: Über welche Visionen soll gerade ich mit meiner Geschichte mit den Salzburger Festspielen sprechen? Das Thema „Die Festspiele im Spiegel der Künstler“  klingt für mich etwas hausbacken formuliert und es stellt sich bei mir sofort ein wenig Unbehagen ein. Als die hier, mit ihrer persönlichen Erfahrung mit den Festspielen, vor Ihnen stehende Komponistin, bin ich schon selbst ein Spiegel, der die Zustände eines Betriebes wiedergibt. Hier ist der Komponist, der seine Visionen nicht realisieren durfte, als Gespiegelter sichtbar – und zwar auch nur als Gespiegelter legitim, denn nur in dieser Künstlichkeit, nämlich sich nicht in seiner Sprache sich ausdrückender, der künstlerischen Freiheit in seinem Metier Beraubter, darf er vorhanden sein.
Ich beharre in diesem Referat auch auf die Unterscheidung von erst-schaffenden und nach-schaffenden Künstlern. Denn den nach-schaffenden Künstlern  wird zumindest zugestanden, dass sie etwas Messbares können, was man den erst-schaffenden nicht zugesteht. Dabei ist gerade Komponieren eine stark handwerklich geprägte Tätigkeit, nur eben nicht so leicht nachvollziehbar für viele und daher wertlos bzw. zwecklos.  Nach-schaffende Künstler bedeuten in ihrer quasi-sportlichen Messbarkeit zumindest einen Wirtschaftsfaktor, und das ist auch in den exorbitanten Honorar-Unterschieden gegenüber Erst-schaffenden deutlich sichtbar.
Aber nochmals zurück zum Unbehagen. Der Programmtitel könnte sehr wohl auch „Erkenne dich selbst“ heißen oder „Der Spiegel Festspiele als Prothese und Falle“ oder der „Spiegel als Prüfstein der Utopie“ oder, was auf meinen Fall am ehesten zutrifft: „Der Künstler hinter den Spiegeln“. Es kann nicht um die Erfassung des Phänomens „Die Festspiele im Spiegel des Künstlers“ gehen, nämlich aus folgendem Grund: Wirklich darüber nach zu denken, was Visionen bedeuten könnten, ist für diesen Anlass hier eine reine Zeitvergeudung, da es ohnehin nur beim hohlen Gerede bleibt und formulierte Visionen oftmals nicht realisiert werden. Es ist nur ein Sich-Schmücken-Wollen mit kreativen Ideen, die gar nicht in die Welt gesetzt werden wollen, da zu kompliziert oder welche Ausrede auch immer herbei geholt wird.
Die klassische Musikwelt ist die konservativste aller Kunstsparten. Die grossen internationalen Musikfestivals, die eigentlich DER Ort für  Aufführungsmöglichkeiten jenseits der reinen Tradition sein sollten und könnten, hätten die Möglichkeit in einem zwei Jahres Abstandzumindest ein neues Musiktheater zu realisieren. Gerade der Umgang mit Minderheiten zeigt immer das Gesicht der Gesellschaft... Oder man möge endlich offen und ehrlich und ohne Lügengenflechte und fatale Eloquenz, die die Wahrheit verbergen lässt, zu geben, dass auch diese Festivals nur mehr Museen für Altes sind und in das gleiche Horn blasen wie die Opernhäuser, die sich auch nur als Klang-Museen darstellen. Aber ich finde, man kann die Geschichte nicht einfach anhalten und sagen, es darf nichts mehr Neues produziert werden, denn in den Geheimbund des Geld-bringenden und „Schön-Klingenden“ darf niemand eindringen und stören...

Als Künstlerin möchte ich nicht der allgemeinen Vereinfachung von Gut und Böse folgen. Was kann man einem Gross-Spektakel für „Reich und Schön“, auf denen komplexe Gedankengänge anscheinend nicht mehr zugelassen werden, entgegensetzen? Die Forderung nach klarer und übersichtlicher Form, Klassizismus und dem Wunsch, das Beste - was auch immer das in der Kunst heißen mag - aus der Vergangenheit zusammenzusetzen, hat schon vor über 60 Jahren zu einem Desaster geführt. Als freischaffende Künstlerin einer zuversichtslosen Generation muß man sich als Mensch und Künstler jeden Tag neu erfinden. Sein Sein neu hinterfragen. Die Stimmung in unserer Zeit und ihre Politik ist so, daß man den erst-schaffenden Künstler als auswechselbares Stück Fleisch hernimmt und wieder wegstellt. Will man „zeitgenössische Musik“, weil unökonomisch, wegrationalisieren? Ich kann nur versuchen rücksichtslos zu analysieren, aber ich bin keine Schriftstellerin, keine Philosophin, meine Sprache ist die Musik und mit dieser durfte ich mich hier in Salzburg auf der Theaterbühne aber nicht artikulieren. Man darf als Künstler eine Schmuck-Gestalt sein, das gesteht man ihm gerade noch zu, will aber sonst mit ihm nichts zu tun haben. Man darf, so wie ich jetzt hier, wo es um nichts geht - denn es geht nicht um meine Musik - sogar mal Provokantes andeuten, aber es hat keine Relevanz. Noch dazu ist der Komponist in unserer Gesellschaft ohnehin ein Alien. Im sogenannten „Musikland Österreich“ ist der Komponist nicht einmal ein Teil der für alle anderen Kunstsparten geltenden Künstlersozialversicherung... Wir sind davon ausgeschlossen, haben schlechtere Bedingungen als andere Künstler anderer Kunstsparten und dass sogar noch immer im sogenannten Mozart-Jahr. Gerade Mozart aber ist DER Repräsentant von Eigensinn und rasanten Parallelweltproduktionen. Er war nicht zu fassen und wird es nie sein. In der heutigen Gesellschaft wäre ein Mozartwesen mit all seinen psychotischen Begnadungen  geradewegs in eine  Klinik verwiesen worden. Das ist der Ort, den man dem Künstler zugesteht. Visionen soll er haben, aber bitte niemanden damit stören, denn Imagination wirkt subversiv. Man bittet zwar um ausgesuchte, wohldosierte Kleinst-Irritationen, die aber sofort wieder glatt gebügelt werden müssen. Daher gebe ich – wie schon gesagt - hier auch nur Anrisse von Reflexionen von mir, denn wirklich artikulierte Visionen sind nur ein Geistes- und Kraftverlust, denn sie würden wieder nur für hohle Theorien, für Pseudo-Freiheits- und Toleranzideen hergenommen, aber bestimmt nicht realisiert werden - das wäre zu anstrengend.

Natürlich setzt das wirkliche Hinhören und Zuhören meist mit einem Zögern ein. Wo wir auf neue Ansprüche und Herausforderungen treffen, sind wir nie völlig bei Sinnen. Aber darum geht es mir, um eine intelligente Infragestellung der Sinne. Hamlet spricht im 3.Akt von „mortal coil“. Und diese Rolle des „sterblichen Wirrwarrs“ soll für mich Kunst beinhalten in unserer von bewußt aufgetürmten Angstkulissen und von „schwarz-weiß“-Denken geprägten Zeit. Irritieren zu dürfen um Nachdenken anzuregen ist für mich notwendig auch im Kontext eines Großfestivals wie diesem hier, das an Dichte und Qualität geradezu platzt. Es kann doch für einen Zeitgenossen nicht darum gehen, sich der Herrschaft des Ewig-Gestrigen im Kleide des Neo-Klassizismus zu unterwerfen. In regressiven Zeiten werden besonders gerne Konfektionsware oder glatte und platte Adaptionen in Auftrag gegeben, um eben differenzierte Denkprozesse zu verhindern. Neue Impulse werden durch solche ewigen Rückbesinnungen und Reproduktionen des Vergangenen vernichtet, das Immergleiche und Gesicherte hingegen bestätigt. Die Identitätsrettung eines Künstlers liegt deshalb in der Entfaltung und Manifestation der Individualität seiner Handschrift. Der individuelle Kreationsprozess des Künstlers ist abgesehen vom Inhalt, schon räumlich und zeitlich gesehen, ein der Öffentlichkeit gegenüber völlig entgegen gesetzter und grundsätzlich skeptischer Vorgang. Um einen Gedanken zu notieren und aufzuzeichnen, muss man sich nämlich vom gesellschaftlichen Trubel zurückziehen. Der Vorgang des Komponierens ist immer auch ein Vorgang der Selbstfindung, er erfordert viel Zeit, Kraft und Ruhe.
Ich möchte, da sich das diesjährige Festival  ja auf Mozart „eingeschossen“ hat, erwähnen, dass es gerade Mozart gelang, obwohl er sich während des öffentlichen Produktionsprozesses oft inmitten der Intrigen von Politik und Theaterwelt in einer naturgemäß eingeengten Lage befand, durch seine Kunst und seine außergewöhnliche Hartnäckigkeit, diese - damals wie heute - verkleisterte Gesellschaft aufzukratzen.
Visionen gibt es sehr wohl in den Köpfen der erst-schaffenden Künstler, doch die Umsetzung dieser Visionen findet immer weniger und äußerst selten statt. Weil die Verantwortlichen Angst vor dem Unvorsehbarem, dem Unkalkulierbarem haben? Der Künstler ist „beratungsresistent“ wie das neuerdings heißt, was nur bedeutet, dass es nervt, dass er seine Visionen realisieren möchte. Aber jede Kunst hat den Moment des unbestimmbaren, unbekannten Faktors in sich, sonst wäre sie ja nicht Kunst, sondern ausschließlich Design oder Handwerk. Natürlich ist nicht jedes Detail vorhersehbar, aber diese unbestimmbaren Momente muß man zulassen, möchte man zeitgenössische Kunst und Musik überhaupt noch präsentieren. Das Zauberwort heißt nämlich: Ermöglichen unter den best möglichen Bedingungen und Vertrauen in den Künstler haben. Auch der Veranstalter muß „beratungsresistent“ sein, falls er noch Mut hat und nicht dem konstanten Druck der Auslastungszahlen unterliegt. Dieser permanente Druck ist nur mehr ein wirtschaftlich bestimmter, daher kann man aus der Sicht von Veranstaltern sehr leicht zu dem Schluss kommen: schön brav und im vorauseilendem Gehorsam das Alte repetieren und niemanden stören, damit die Kosten stimmen! Ich bin aber der Meinung, dass man Widersprüchliches und Zweideutiges zu Tage fördern soll, damit man unsere Hirne zum Bersten bringt, statt sie petrifizieren zu lassen. Und dies mit Ironie und dem Glauben an die eigene ästhetische Konsequenz des Suchens. Aber dieses konsequente Suchen wird auch sofort wieder dazu hergenommen, um dem Künstler zu erklären, dass er als Mensch unpraktisch und für die Gesellschaft zwecklos sei. Weiß er was er will und äußert dies auch präzise, passt es auch nicht, weil man vor seiner unerschöpflichen Einfallskraft, die nicht zu bändigen ist, verstört ist. Dem double-binding entkommt man nicht. Wie soll man denn noch überhaupt irgendetwas verstehen? Wie schon gesagt: Der “Künstler heute” als eine Existenz “hinter den Spiegeln”. Man kommt sich vor wie Alice, die wieder in fremde Gegenden ausgeschickt wurde. Aber diesmal ist irgendetwas Beklemmendes, Aufsässiges mit dabei. Hinter den Spiegeln stösst man auf Sätze, zu denen es nie die  'richtigen' Worte’ gegeben hat und nie geben wird. Die Regeln dieses neuen Wunderlandes sind kompliziert und starr und undurchsichtig. Die Landschaft "Hinter den Spiegeln" ist nicht mehr harmlos. Die unleugbaren Tatsachen, die Umstände, die Sprache selbst haben sich auf die Seite der Institutionen und Veranstalter gestellt... Es ist kein Weg mehr durch Gärten, der den Künstler in die Irre führt, sondern die selbstverständliche Verquickung von Macht und Wirtschaft, die nun auch kaltblütig in den Kunstbereich  eingezogen ist. Die Ordnung von Raum und Zeit überhaupt hat sich auf den Kopf gestellt, denn Erfolg und Macht lassen  eben die Abgründe der menschlichen Seele aus den Löchern kriechen und nur mehr nach dem Populären, Instant-Wirkenden, schon Bekannten  und Events schreien – auch in dieser ach so ehrwürdigen Institution wie den Salzburger Festspielen, die doch immerhin von zwei erst-schaffenden Künstlern mitbegründet wurde.

Aber wohin führen all diese Reflexionen, wenn es eigentlich nur um das kraftvollste Bild und eine „Ich-AG“, oder um die bestmögliche Vermarktung von Geld-bringenden Events geht? Ich glaube, daß der Wohnsitz des Künstlers mitten in der Welt ist und daß das künstlerische Ich zwischen Weltflucht und Weltbindung hin- und her wandern muß.
Natürlich weiß ich, daß die eigene Musik geradezu marginal ist im Vergleich mit den großen Problemen auf dieser Welt, und daß wir mit „zeitgenössische Musik“ keine besseren Menschen kreieren können. Leider. Wir können vielleicht nur den Hass verringern...
Niemand kann heute noch einen globalen Sinn formulieren. Genau diese Krise des Nicht-Wissens-Wohin - die ja in allen künstlerischen Disziplinen aufscheint – steht im Mittelpunkt meines Interesses. Vielleicht kann man aus dieser Krise eine Ur-Kraft oder besser eine Un-Kraft ziehen, obwohl es ein Leben und Arbeiten in ständiger Unruhe und Unsicherheit bedeutet. Das ist mühsam. Dennoch habe ich mich einer Randgruppe, die wir Komponisten der sogenannten „ernsten zeitgenössischen Musik“ darstellen, nahe gefühlt. Wir können nicht der Mainstream sein wollen, weil diese Art von Musik nun mal kein Wirtschaftsfaktor ist.
Das „Fliegen im Kopf“ kann man dem Künstler nicht nehmen, da er immer individuell sein wird und nicht so einfach dem Massengeschmack eingegliedert werden kann, weil er ein Zuhörer, Beobachter und Selberdenker ist, was bitte nicht mißzuverstehen ist mit dem untergriffigen Wort Egotrip.
Jeder Künstler ist auf seine Art wie ein Biber und baut sich sein Nest und zwar mit viel Geduld und Sturheit, denn sonst kann er gar keinen eigenen Weg gehen. Deswegen werde ich auch trotz des immer wieder Hergenommen- und wieder Weggestellt-Werdens und der dadurch oftmalig auftauchenden finanziellen Unsicherheiten als freischaffende Komponistin nicht in breiiges Gejammere verfallen, denn es gibt für mich nur eine Möglichkeit und das ist zu sagen: einfach tun, solange man kann und die Möglichkeit dazu überhaupt noch bekommt! Denn wir Komponisten sind ja immer von anderen abhängig, da die Partitur auf den fünf Notenlinien immer nur im eigenen Kopf klingen bleibt, solange sie niemand auf Instrumenten spielt.
Ich hoffe nicht, dass die Festspiele den „Spiegel des Zeitgeistes“ widerspiegeln wollen, in dem Sinn, dass nur das schon Vertraute und Bekannte und Nicht-Störende das einzig Wahre und Richtige ist... Es geht mir um einen Hör- und Sehraum mit höherer Toleranz für Individualität und ein Infragestellen der normativen Modelle des Alten aber auch der Moderne. Wenn „zeitgenössische Musik“ schon nie zu einer allgemeinen gesellschaftlichen Sache wird, weil es heute hauptsächlich nur mehr um Spaß, Vergnügen und Zerstreuung zu gehen scheint, so kann diese Art von Musik vielleicht wenigstens zum Unbegrenzten, Unbekannten, Leicht-Schwebenden führen, ohne Bombast und Sentimentalität.  Man kann sich in diesen, von globalen Wirtschaftsplayern bestimmten Zeit nur der Lust am Paradox verschreiben und eine Haltung gegen falsche Harmoniesucht einnehmen.
Und es geht immer wieder um den abgründigen, existentiellen, stillen, einsamen und wahnwitzigen Vorgang des Notierens, auf den man sich als Künstler einlassen muss, um sich seinen Freiraum zu erfinden, um weiter mit dem „Kopf fliegen“ zu können und  Mozarts „soave sia il vento“  als einen möglichen Zustand zu verwirklichen. Dieser Kraftakt, sich den gesellschaftlich eingeschränkten Normen des „immer-Funktionieren-müssens“ und stets „Heiter-sein-müssens“ entgegenzutreten, ist notwendig.  Und nochmals zu Mozart, der ja hier bei den diesjährigen Festspielen als Hauptrepräsentant von Gesamtheits- und Rekord-Phantasien herhalten muß: er tat diesen Akt des Entgegentretens durch Don Giovannis „no! – no –no!“ Wenn man den Forderungen, die die Königin in Lewis Carrolls „Hinter den Spiegel“ formuliert: ’Du mußt so schnell rennen, wie Du kannst, wenn Du am gleichen Fleck bleiben willst', entgegentritt, entstehen eben jene widerborstigen, widerständigen Geräusche und Klänge, um die es immer wieder in den Visionen gehen möge.

Auf der Ebene des Umgangs mit Künstlern, und Menschen an sich, kann ich nur für Transparenz statt Lüge – gegen ein Zurecht-Lügen des Lebens plädieren. Verachtung ist fehl am Platz. Gefragt wären Enthusiasmus, Leidenschaft und Mut zu Marginalisiertem als Abgrenzung von der Arroganz der Macht und des Geldes und von reinen Wirtschafs- und Zweckforderungen sowie von der Gier nach Instant-Erfolgen. Diskussionen müssen erlaubt bleiben und das übliche respektlose, machtvolle und verachtende Schweigen möge mehr und mehr in den Hintergrund treten - sowie all diese in Beruf und Privatem herumschwirrenden, aber letztendlich so leicht zu durchschauenden Lügengespinsten. Menschenwürde gehört für mich zum täglichen Handeln. Um das Gegenüber ernst zu nehmen und zu respektieren, kann es nur heißen:  “Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar”.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Olga Neuwirth, 19.7.2006




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